112 der 160 Unternehmen, welche in den deutschen Börsenindizes notiert sind, bieten ihren Mitarbeitern Belegschaftsaktien an. Das entspricht rund 70 Prozent.
Belegschaftsaktien unterscheiden sich in ihrer Art nicht von üblichen Aktien und stellen auch keine eigene Aktiengattung dar. Die Besonderheit darin ist lediglich, dass sie ausschließlich an Mitarbeiter des Unternehmens bzw. der Aktiengesellschaft ausgegeben werden.
Dabei haben Belegschaftsaktionäre dieselben Rechte, die auch jedem anderen Aktionär zustehen. Dazu zählen das Recht auf Gewinnbeteiligung, und das Stimmrecht, sofern dieses in der Aktie verbrieft ist. Allerdings unterliegen Belegschaftsaktien häufig einer Sperrfrist von rund sechs Jahren, in der es nicht erlaubt ist, diese zu veräußern.
Es ergeben sich enorme Vorteile aus der Mitarbeiterbeteiligung in Form von Belegschaftsaktien. Gerade für Eigenkapital schwache Unternehmen und in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit und hoher Fluktuation.
So soll die Motivation und die Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen durch die Mitarbeiterbeteiligung gestärkt werden. Das Image kann durch Flexibilisierung der Entlohnung fortschrittlicher und zukunftsorientierter erscheinen. Zudem können dadurch Personalkosten gesenkt werden und das Unternehmen wird weniger Anfällig für konjunkturelle Schwankungen.
Welcher Form der Mitarbeiterbeteiligung entsprechen Belegschaftsaktien?
Die Mitarbeiterbeteiligung lässt sich in materielle und immaterielle Beteiligungsformen unterteilen. Letzteres bezieht sich auf Mitwirkungs- und Informationsrechte der Arbeitnehmer an betrieblichen Entscheidungsprozessen des arbeitgebenden Unternehmens.
Die materielle Mitarbeiterbeteiligung beinhaltet die Teilhabe am Erfolg oder Kapital des Unternehmens. Sie unterteilt sich nochmal in die Erfolgs- und Kapitalbeteiligung. Wobei Erfolgs- und Kapitalbeteiligungen auch kombiniert werden können.
Bei der Erfolgsbeteiligung erhalten Mitarbeiter, neben dem vereinbarten Arbeitsentgelt, einen Anteil am finanziellen Erfolg des Unternehmens.
Unter materieller Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, zu der auch die Belegschaftsaktien zählen, versteht man eine dauerhafte, vertragliche Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital des Unternehmens. Weiterhin werden zwischen direkten und indirekten Kapitalbeteiligungen unterschieden. Bei der direkten Form ist der Mitarbeiter unmittelbar am arbeitgebenden Unternehmen beteiligt. Bei der indirekten Beteiligung beteiligt er sich an einer Institution, die wiederum am Unternehmen beteiligt ist. Dabei schließt nicht das arbeitgebende Unternehmen die Verträge mit den Mitarbeitern sondern die dazwischen geschaltete Institution.
Motivation seitens der Mitarbeiter
Arbeitsplatzsicherung, Arbeitszufriedenheit, Mitspracherecht, zusätzliche Einnahmequelle und Altersvorsorge.
Die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigt, wenn sie erkennen, dass sie mit ihrer eigenen Leistung den Erfolg des Unternehmens und damit ihr eigenes Einkommen beeinflussen können. Die damit einhergehende, verbesserte Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, die gesteigerte Produktivität und Liquidität bedeuten wiederum eine höhere Arbeitssicherheit und hat eine positive Auswirkung auf das Arbeitsklima.
Für Arbeitnehmer ergibt sich eine verringerte Gesamtsteuerbelastung, da im Rentenalter die Grenzsteuersätze i.d.R. niedriger sind (Progressionswirkung). Im Gegensatz zur privaten Altersvorsorge können bei diesem Modell die noch unversteuerten Beträge vom Arbeitgeber zinsbringend angelegt werden (Bruttozinseffekt).
Das Mitspracherecht bzw. der Einfluss eines einzelnen auf den Jahreshauptversammlungen ist natürlich nur sehr gering. Wenn sich jedoch Belegschaftsaktionäre zusammenschließen, z.B. in einem Verein, dann können sie durchaus Einfluss auf die Unternehmenspolitik haben und mitbestimmen.
Motivation seitens des Unternehmens
Steigerung der Produktivität und Bindung der Mitarbeiter, Verbesserung der Liquidität, Flexibilisierung der Entlohnung und Senkung der Personalkosten.
Bedingt durch das persönliche Interesse der Mitarbeiter, den Unternehmensgewinn zu steigern, nimmt ihre Produktivität, Kostenbewusstsein und Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge zu. Allerdings sind Motivationsziele nur langfristig zu erreichen und treten umso stärker auf, je mehr die Mitarbeiterbeteiligung akzeptiert wird.
Außerdem kann durch die Vorteile der Mitarbeiterbeteiligung die Wettbewerbsfähigkeit am Arbeitsmarkt gesteigert werden und somit leichter neue Arbeitskräfte akquiriert werden. Besonders bei kleinen und mittelständischen Unternehmen kann dies zu einem entscheiden Vorteil führen.
Die Einführung von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen kann sich auch positiv auf die Liquiditätslage eines Unternehmens (Eigenkapitalquote) auswirken. So kommt das Unternehmen zu zusätzlichen Liquiditätszuflüssen. Zudem können durch eine, den Lohn oder das Gehalt ersetzende, Kapitalbeteiligung die fixen Personalkosten reduziert werden.
Abstrakt formuliert führt dies zu einer Umwandlung von Personalkosten in Eigenkapital.
Bilanzierung von Belegschaftsaktien
Die Bilanzierung hängt von der Beschaffung der Belegschaftsaktien ab. Zurückgekaufte, eigene Aktien müssen aktiviert werden, da sie einwandfreie Wirtschaftsgüter sind, bis sie an die Arbeitnehmer veräußert werden. Alle mit dem Erwerb der Aktien zusammenhängenden Kosten sind in Höhe des geldwerten Vorteils bei Veräußerung der Aktien als Betriebsauslagen abzugsfähig.
Bei der genehmigten oder ordentlichen Kapitalerhöhung steigt das Grundkapital (gezeichnetes Kapital) da dem Unternehmen Eigenkapital in Form von Einlagen zufließt.
Steuerliche Behandlung
Wenn Mitarbeiter verbilligte Aktien erhalten, gehört der sich daraus ergebende geldwerte Vorteil nach § 8 Abs. 1 EStG grundsätzlich zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, denn sie führen im Jahr des Zuflusses zu Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit (§ 19 EStG).
Für Mitarbeiter sind Gewinne aus der Veräußerung ihrer Belegschaftsaktien gemäß § 23 Abs. 1 EStG steuerfrei, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als ein Jahr liegt. Da in der Regel eine Sperrfrist von über einem Jahr vereinbart wird, sind Veräußerungsgewinne steuerfreie Vermögensmehrungen.
Dividenden unterliegen gemäß § 11 Abs. 1 EStG im Jahr des Zuflusses der Einkommensteuer da sie steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen sind (§ 20 EStG). Allerdings ist nach § 20 Abs. 4 EStG ein Sparer-Freibetrag von 1.550,- Euro abzuziehen.
Um nicht durch hohe Depotgebühren die Dividenden zu schmälern, übernehmen Unternehmen häufig die Depotführung oder gewähren einen Zuschuss zu den Depotgebühren. Diese Zuschüsse stellen innerhalb der Sperrfrist für den Arbeitnehmer keinen Arbeitslohn dar und sind somit steuerfrei.
Staatliche Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen
- Förderungsgrundlage: §19a EStG
Gemäß § 19a Abs. 1 EStG kann der geldwerte Vorteil nur dann entstehen, wenn er mit einem Sachbezug in Zusammenhang steht. Der Arbeitnehmer muss in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen. Der überlassene Vorteil muss im Katalog des § 2 5.VermBG als sogenannte Vermögensbeteiligung zu finden sein um die Steuerbegünstigung erhalten zu können.
Der Umfang der Steuervergünstigung ermittelt sich wie folgt:
Die Differenz aus dem Wert der Vermögensbeteiligung und dem Preis, zu dem der Arbeitnehmer diese erhalten hat, entspricht der Höhe des geldwerten Vorteils. Der Wert der Vermögensbeteiligung wird gemäß § 19a Abs. 2 EStG bestimmt. Für die Wertermittlung muss im Falle von Belegschaftsaktien in börsennotierte und nicht-notierte Aktien unterschieden werden.
GmbH-Anteile werden nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet (gem. § 19a Abs. 2 S. 8 EStG i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG). Der geldwerte Vorteil muss dabei auf die Beschränkung der Höhe nach geprüft werden. Beträge, welche entweder die Hälfte der Beteiligung oder 135,- Euro pro Jahr überschreiten, zählen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.
- Förderungsgrundlage: 5.VermBG
Die Vergünstigung gilt bis zu einer Einkommenshöhe von 17.900,- Euro und bei zusammenveranlagten Ehegatten bis 35.800,- Euro. Allerdings fordert die Regelung des Fünften Vermögensbildungsgesetzes den entgeltlichen Erwerb von Vermögensbeteiligungen mit vermögenswirksamen Leistungen durch die Gewährung der Arbeitnehmersparzulage (§ 13 Abs. 2 5.VermBG). Vermögenswirksame Leistungen sind i.S.d. § 2 Abs. 1 5.VermBG Geldleistungen zur Begründung oder zum Erwerb von Vermögensbeteiligungen.
Voraussetzung für die staatliche Forderung ist die Einhaltung einer vertraglichen Sperrfrist von 6 Jahren, in der über die erworbene Beteiligung nicht verfügt werden darf (§ 5 Abs. 2 Nr. 2. 5.VermBG).
Die Förderungen des § 19a EStG und des Fünften Vermögensbildungsgesetzes können auch kombiniert werden. Werden die Voraussetzungen für beide Fördermöglichkeiten erfüllt, können sie kumulativ in Anspruch genommen werden. So kann der Kaufpreis der geförderten Beteiligung mit vermögenswirksamen Leistungen beglichen werden, wenn sie Zulage begünstigt ist.
Fazit
Belegschaftsaktien erweisen sich aus diversen Gründen als besonders geeignet für die Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen und erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie stellen eine Beteiligung am Eigenkapital des Unternehmens dar.
Die Souveränität und Entscheidungsfreiheit des Unternehmens kann durch eine entsprechende Gestaltung der Mehrheitsverhältnisse erhalten bleiben. Zudem sind die Auskunftsrechte der Aktionäre geringer als solche der GmbH-Gesellschafter.
Für Arbeitnehmer beinhaltet die Beteiligung durch Belegschaftsaktien weitere Vorteile: Er wird zum Gesellschafter und erhält ggf. Verwaltungs- und Vermögensrechte. Darüber hinaus trägt er zum Substanzzuwachs des Unternehmens bei. Die Identifikation und Bindung an das Unternehmen wird gefördert. In wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten erhält der Mitarbeiter somit zusätzliches Einkommen während seine Haftung lediglich auf seine Einlage beschränkt ist.
Einzelnachweise und Weblinks